IAA 2015 Rückblick
Die IAA: Von der e-mobilen Götterdämmerung bis zum VW-geddon
Nur zu gerne hätte man von der diesjährigen IAA über die einzelnen automobilen Neuheiten, vom Trend der SUV’s bis hin zur Markeninszenierung auf den jeweiligen Messeständen berichtet. Aber wie so oft im Leben kommt es erstens anders als man denkt und zweitens mit einer Wucht die an einen LKW Aufschlag erinnert. Doch der Reihe nach. Zu Beginn der Messe war den Verantwortlichen der automobilen Großkonzerne nur ein mildes Zucken zu entnehmen wenn man Sie auf Tesla und das Apple iCar ansprach. Hier wurden die Argumente der fehlenden Reichweite und der Wartezeiten beim Aufladen der Akkus ins Feld geführt.
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Die e-mobile Götterdämmerung
Außerdem sei man für die Zukunft gewappnet, so habe ja BMW einen i3, i8, VW die Hybriden GOLF GTE, Passat GTE sowie einen E-UP im Programm und Mercedes-Benz einen B-Class Electric Drive im Angebot. Die Preise sind aber alle noch extrem hoch, sodass dieses Angebot nur für überzeugte Nachhaltigkeitsfanatiker und First-Mover eine Alternative zur benzingetriebenen Fortbewegung darstellt. Im Übrigen sei dies ja auch von den politischen Rahmenbedingungen weltweit abhängig inwieweit der Nachfrage nach E-Autos Vorschub geleistet werde. Nun gut, wie schnell sich die Rahmenbedingungen ändern können konnte ja auch die Energiebranche am eigenen Leib erfahren. Quasi über Nacht wurden Ihnen dank einer einzigen politischen Willenserklärung die Cashcow der Atomkraftwerke, die mit jedem Meiler 1,0 Million EUR Gewinn nach Steuern in die Kasse spülte und das an jedem der 365 Tage im Jahr entrissen. Am Tesla Stand erfuhr der Interessierte dann auch, dass im asiatischen Raum die ersten Großstädte wegen der massiven Luftverschmutzung darüber nachdenken nur noch E-Cars in die Innenstädte zu lassen. Ist diese Überlegung wirklich so weit hergeholt? Sollte man auf solche Entwicklungen nicht besser vorbereitet sein?
VW-geddon
Was dann kam ist nicht der Name eines neuen Kraftfahrzeuges sondern der Abgrund für die deutsche Automobilbranche. Durch die Messehallen flutete das VW-geddon. Die Erkenntnis setzte sich durch, dass eine Weltmarke des Vertrauens tatsächlich mit einer Software die Abgaswerte seiner Autos manipulierte. Die Software erkennt dass sich das Auto auf einem Prüfstand befindet (es rollt ja nur eine Achse) und sofort wird die Motoreinstellung auf die optimierten Abgaswerte eingestellt. Fährt das Auto normal erkennt dies die Software und lässt dem Schadstoffausstoß freien Lauf. Gut – sagt man hier, das werden viele Hersteller so machen, außerdem sei das hinter vorgehaltener Hand auch den meisten bekannt!? Statt sich dem Problem zu stellen wird hier verharmlost und vertuscht. Statt einer zukunftsfähigen Offensive wird Schadensbegrenzung und Verharmlosung betrieben. Zum Messeende kommt dann die Generaloffensive vom Tesla Chef Elon Musk persönlich. Geschickt weiß er die Schwäche der Big Player zu nutzen und gibt Tipps wie diese: „Deutschland habe wunderbare Hersteller und hervorragende Ingenieure”, die nun bei Elektro-Autos den Sprung wagen müssten. “Da müssen die allerbesten Leute drangesetzt werden”, sagte Musk am Donnerstag in Berlin. Im Übrigen sei der neue Tesla Model X SUV bereits bis zur zweiten Jahreshälfte 2016 ausverkauft!
Die IAA 2015 war schlußendlich der Startschuß in einen Paradigmenwechsel der Automobilindustrie. Vernetzung und Digitalisierung führen dazu dass der traditionellen Autoindustrie neue Wettbewerber erwachen. Und eines können Google, Apple und Tesla ganz bestimmt, Sie wissen wie man mit einer schnellen Schlagzahl an Innovationszyklen Wettbewerber unter Druck setzen kann. Das Rennen ist eröffnet und während Audi, BMW und Daimler noch den Aufkauf des Kartendienstleisters Here feiern, zeigt Hyundai auf der IAA 2015 das erste vernetzte Android Auto. Die Autos der Zukunft sind rollende Smartphones. Google arbeitet zurzeit bereits am voll autonomen Fahren der Zukunft und kann mit seinem integrierten Social Media Kartendienst Waze dynamisch die Verkehrswege entlasten.
Auch die Vermarktung der Autos wird sich ändern. Tesla gilt hier als Vorreiter, der nicht das Modell in den Vordergrund rückt sondern die technischen Features der Software. Volkswagen hat bereits im Vorfeld der IAA mit einer Kampagne reagiert die auch die Features in den Vordergrund rückt. „Think New“. Zu verlockend ist die Automobile Selling-Story, dass man mit Software, die einfach skalierbar ist, den Kunden das Portemonnaie öffnen kann.
Angesichts dieser dramatischen Entwicklungen und der disruptiven Kraft der e-Mobilität sollte sich die deutsche Automobilindustrie schleunigst wieder in den Driver Seat und sich an die Spitze dieser nicht mehr aufzuhaltenden Entwicklung setzen. Wenn die deutsche Regierung nun noch die richtigen Anreize setzt, könnte aus dem Desaster wieder eine neue Erfolgstory werden. Die ersten Schritte in die richtige Richtung hat die Regierung bereits mit dem im März 2015 verabschiedeten “Elektromobilitätsgesetz” getan. Es wird ein neues Kennzeichen eingeführt das am Ende des Nummernschildes ein „E“ führt. Es gilt für Fahrzeuge die mindestens 40 Kilometer rein elektrisch fahren – also auch für Plug-in-Hybride. Hiermit möchte die Regierung Anreize setzen, dass sich mehr Käufer für die umweltfreundlicheren Elektroautos entscheiden.